Vernetzen, austauschen, Forderungen stellen

In Darmstadt zeigt sich, wie wichtig es ist, in Sachen Vereinbarkeit an einem Strang zu ziehen und über die Parteigrenzen hinaus für die Belange von Eltern in der Politik einzutreten. Eine der treibenden Kräfte: Kommunalpolitikerin Malena Todt, die 2024 mit dem Helene Weber-Preis 2024 ausgezeichnet worden ist.

Vereinbarkeit ist für Malena Todt ein großes Thema. Seit der Wahl 21 ist sie in der Stadtverordnetenversammlung in Darmstadt, mittlerweile ist sie Vorsitzende vom Haupt- und Finanzausschuss, zudem ist sie Mitglied im Verwaltungsrat. Hauptberuflich arbeitet Todt als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uni, aktuell ist sie in Elternzeit. Ihr Kind wird im Sommer 2024 zwei Jahre alt und immer wieder ringt Todt um eine möglichst gute Verbindung ihrer Mutterrolle mit jener der Politikerin. Anfangs sei das leichter gewesen. „Als Mutter habe ich direkt nach der Geburt zunächst viel positives Feedback bekommen und die ersten 3 bis 6 Monate haben gut funktioniert – also die Zeit, in der die Kinder noch viel schlafen“, erzählt Todt und lacht. Seitdem aber sei die Situation deutlich herausfordernder, wobei es helfe, dass die Betreuungskosten in Darmstadt mittels einer Pauschale unkompliziert erstattet werden.

Netzwerkarbeit für Eltern

Um die besonderen Belange politisch engagierter Eltern überhaupt erst einmal zusammen zu tragen und in Folge deutlicher zu artikulieren, hat Todt in Darmstadt ein überparteiliches Netzwerk ins Leben gerufen und alle Kolleg*innen mit Mandat angeschrieben, die ebenfalls Kinder im betreuungsintensiven Alter haben. Die Rückmeldungen waren schnell und zahlreich, wie Todt berichtet. „Es hat vielen Eltern spürbar gutgetan, sich die Herausforderungen ihres Alltags und der dauernden Mehrfachbelastung von der Seele zu schreiben“, sagt Todt, und es hätten sich rasch verschiedene Punkte herauskristallisiert, bei denen Handlungsbedarf besteht.

Schwierige Sitzungszeiten und erschwerte Planbarkeit

Einer der zentralsten Punkte sind die Sitzungszeiten, wie Todt berichtet. „Wir sind ein klassisches Feierabend-Parlament, was heißt, dass die Sitzungen oft ab nachmittags bis spätabends laufen“, so die Mandatsträgerin. Dies verhindere etwa ein gemeinsames Abendessen mit der Familie oder ein zu-Bett-bringen der Kinder, ganz abgesehen von der Frage der Kinderbetreuung während der langen Sitzungsdauer. Klar sei bei der Diskussion in der Elternrunde aber auch geworden: „Es gibt keine Zeit, die allen gleich gut passt“, so Todt. Stattdessen aber könnte man rotieren, so die Idee des Netzwerks, damit jeder und jede auch mal von einer für ihn oder sie passenden Zeit profitiert. Neben dem zeitlichen Rahmen wurden von vielen Eltern die fehlende Effizienz der Sitzungen und dadurch mangelnde Planbarkeit bemängelt. So sei etwa oft nicht klar, ob im Laufe der Sitzung noch namentliche Abstimmungen stattfinden würden. Dadurch besteht immer die Gefahr, dass – wenn man den Raum verlässt oder etwa früher nach Hause muss zu den Kindern – womöglich noch eine Abstimmung stattfindet, an der man dann nicht teilnehmen kann. „Das muss kalkulierbarer werden“, sagt Todt, und auch beim Ablauf der Sitzung selbst gibt es noch Verbesserungsbedarf. So sagt Todt: „Wenn man zuhause alles mühsam organisiert hat und dann sitzt man da und hört 10-mal das Gleiche, ist das sehr anstrengend“.

Einsatz für familienfreundlichere Strukturen

Nachdem im Netzwerk die verschiedenen Punkte mitsamt konkreten Verbesserungsvorschlägen gesammelt worden waren, wurden diese von Todt und ihren Kolleg*innen an das Stadtverordneten-Büro übermittelt. Es folgte bald der Beschluss, dass sich der Ältestenrat und das Stadtverordneten-Büro mit den Punkten befassen sollen. Parallel dazu ging in der Stadtverordnetenversammlung ein Antrag zum Thema Familienfreundlichkeit ein, der die Forderungen des Netzwerks stimmig ergänzte. 

Als Eltern Präsenz zeigen

Noch sind der Ältestenrat und das Stadtverordneten-Büro mit der Bearbeitung der verschiedenen Punkte befasst und es ist offen, was davon in welcher Form verändert werden kann und wird. Kleinere Beiträge zu einem familienfreundlicheren Klima wurden laut Todt aber bereits umgesetzt, unter anderem eine Spielecke, die bei Sitzungen im Vorraum vom Sitzungssaal aufgebaut wird. Unabhängig von den konkreten Rahmenbedingungen aber hat der Zusammenschluss der Eltern und die gemeinsame Aufstellung von Hindernissen in der politischen Arbeit dazu geführt, dass die Vereinbarkeit grundsätzlich ein Thema geworden ist in Darmstadt. So stellt Todt fest: „Es gab viel lokale Berichterstattung. Das hat definitiv sehr geholfen, das Thema öffentlich zu machen“. Der Druck für die anderen Eltern sei dadurch deutlich geringer und es komme mittlerweile häufiger vor und werde weniger kritisch gesehen, dass Mandatsträger*innen mit kleinen Kindern zuhause auch mal früher eine Sitzung verlassen. Zudem sei ein Wandel bei der Sitzungskultur zu beobachten. „Dass meine Tochter in den vergangenen Jahren ab und an mal dabei war und das zunehmend auch andere Kollegen so gemacht haben, hat Türen geöffnet. Es ist mittlerweile in Ordnung, wenn da auch mal Kinder mit am Tisch sitzen“, so Todt.