Die Geschichte des Helene Weber-Kollegs:
Von der Gründung bis heute
Anlässlich des 60. Jahrestages des Grundgesetzes hat das Bundesfamilienministerium 2009 das erste Mal der Helene Weber-Preis vergeben. Die Namensgeberin Helene Weber (1881-1962) war zeitlebens eine engagierte Politikerin, Streiterin für das Frauenwahlrecht - und ging als eine der vier Mütter des Grundgesetzes in die Geschichte ein. Er soll das Engagement von Frauen in der Kommunalpolitik fördern. Die überaus positive Resonanz auf die Verleihung durch die damalige Bundesministerin Ursula von der Leyen und auf die darauffolgende Kampagne FRAUEN MACHT KOMMUNE zur Förderung von Frauen auf dem Weg in die Kommunalpolitik machte klar: Die politische Partizipation von Frauen in der Kommunalpolitik zu fördern, war und ist ein wichtiges gesellschaftspolitisches Thema mit politischem Handlungsbedarf. Der Helene Weber-Preis würdigt ehrenamtliches Engagement von Frauen in der Kommunalpolitik und bietet konkrete Unterstützung der Preisträgerinnen, etwa über individuelles Coaching und Training und bringt diese in einem parteiübergreifenden und überregionalen Netzwerk zusammen.
Die Helene Weber-Preisträgerinnen verstanden sich selbst als Botschafterinnen für Parität in der Politik. Als selbstorgansiertes Netzwerk bildeten sie den Kern, um den innovative Aktivitäten entstanden: Zur Förderung von Frauen in der Kommunalpolitik, aber auch, um junge Frauen für die Politik zu gewinnen. Es fehlte jedoch ein offizieller Rahmen, der ihnen Struktur und Ressourcen für ihre Aktivitäten bot.
Bei der nächsten Preisverleihung 2011 wurde dieser Rahmen mit innovativen Aktivitäten, die unter dem Namen Helene Weber-Kolleg gebündelt werden, öffentlichkeitswirksam vorgestellt. Die Angebote des Kollegs sollten zukünftig die Zwischenräume zwischen den Preisverleihungen füllen und den Helene Weber-Preis in eine nachhaltige Strategie einbinden.
Spätestens bei der dritten Preisverleihung 2015 wurde klar: Das Helene Weber-Kolleg kann viel mehr. Von der kommunalen Ebene ausgehend wurde sie die Plattform für Frauen in der Politik – und sie entwickelt sich immer weiter.
Meilensteine
Seit der Gründung 2011 hat sich das Helene Weber-Kolleg stetig weiterentwickelt und wurde zu der Plattform für Frauen in der Politik. Einige ehemalige Preisträgerinnen des Helene Weber-Preises sind heute erfolgreiche Politikerinnen auf Bundes-, Landes-, oder Europaebene. Der Zeitstrahl zeigt die wichtigsten Entwicklungsstationen des Helene Weber-Kollegs.
2009-2011
- Erste Verleihung des Helene Weber-Preises durch die damalige Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ursula von der Leyen (CDU)
- Ausstellung „Mütter des Grundgesetzes“
- Gründung des Netzwerkes der Helene Weber-Preisträgerinnen
- Launch der Webseite www.frauen-macht-politik.de
2011-2013
Gründung des Helene Weber-Kollegs
Zweite Verleihung des Helene Weber-Preises durch die damalige Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Kristina Schröder (CDU)
Durchführung von Mentoring-Programmen für kommunalpolitische Einsteigerinnen
Launch der Webseite Helene Weber-Kolleg
Durchführung von Symposien in Berlin mit über 200 Kommunalpolitikerinnen
Erwähnung des Helene Weber-Kollegs im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 18. Legislaturperiode: „Den Helene Weber-Preis und das Helene Weber-Kolleg werden wir weiter fördern, um eine höhere Repräsentanz von Frauen in der Politik und den politisch entscheidenden Gremien zu erreichen und Frauen insgesamt den Weg in die Politik zu ebnen.“
Erste Delegationsreise des Netzwerkes der Helene Weber-Preisträgerinnen ins Ausland im Rahmen des Projektes „Demokratie braucht Frauen“ zur Unterstützung des Demokratisierungsprozesses in Tunesien
2014-2017
Dritte Verleihung des Helene Weber-Preises durch die damalige Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Manuela Schwesig (SPD)
Veröffentlichung des Wegweisers „Macht zu gleichen Teilen – Frauen macht Politik“ (Helga Lukoschat/Jana Belschner 2019)
Durchführung von bundesweiten Parité-Foren
Weiterentwicklung von Angeboten für junge Frauen in die Politik
Download der Ausstellung „Mütter des Grundgesetzes“ als Print on Demand
Das Helene Weber-Kolleg wird als Best Practice Beispiel von der European Agency for Gender Equality (EIGE) erfasst.
2018
Erwähnung des Helene Weber-Kollegs im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 19. Legislaturperiode: „Um eine höhere Repräsentanz von Frauen in der Politik zu erreichen und mehr Frauen den Weg in die Politik zu ebnen, werden wir bewährte politische Programme – wie das Helene Weber-Kolleg und den Helene Weber-Preis – verstetigen.“
2019-2022
Vierte Verleihung des Helene Weber-Preises durch die damalige Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Franziska Giffey (SPD)
Delegationsreise von Vertreterinnen des Helene Weber-Netzwerkes in die USA
Dr. Pierrette Herzberger-Fofana (Bündnis 90/Die Grünen) zieht als erste Helene Weber-Preisträgerin in das Europäisches Parlament ein
Die Helene Weber-Preisträgerinnen Anja Reinalter (Bündnis 90/die Grünen) und Ye-One Rhie (SPD) ziehen in den Bundestag ein. Lisa Badum (Bündnis 90/die Grünen) und Josephine Ortleb (SPD) werden wiedergewählt
Ana-Maria Trăsnea (SPD) wird Bevollmächtigte des Landes Berlin beim Bund sowie Staatssekretärin für Engagement-, Demokratieförderung und Internationales in der Berliner Senatskanzlei
Veröffentlichung der Studie „Parteikulturen und die politische Teilhabe von Frauen“ (Helga Lukoschat/Renate Köcher 2021)
Durchführung des ersten HWK Mentoring-Programms für Frauen mit MigrationsbiografieVeröffentlichung eines Films und eines Themendossiers „Eine Davon“
Durchführung des ersten HWK kommunalpolitischen Empowerment-Programms für Studentinnen „Misch Dich ein! Mach Politik vor Ort“ mit der Europa Universität Viadrina, der Univeristät Leipzig und der Universitätsallianz Ruhr.
Delegationsreise von Vertreterinnen des Helene Weber-Netzwerkes nach Frankreich
2022-2024
Veröffentlichung der Studie „Mit Kind in die Politik – Gute Praktiken für die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und kommunalpolitischem Ehrenamt“ (Cécile Weidhofer/Dorothea Walchshäusl/ Sarah Friedrich 2023)
Ana-Maria Trăsnea (SPD) rückt nach und zieht in den Bundestag ein.
Unsere Namensgeberin Helene Weber
Helene Weber (1881-1962) war zeitlebens eine engagierte Politikerin, Streiterin für das Frauenwahlrecht - und ging als eine der vier Mütter des Grundgesetzes in die Geschichte ein. Gemeinsam mit Frieda Nadig, Elisabeth Selbert und Helene Wessel erkämpften sie als weibliche Mitglieder des Parlamentarischen Rates mit Art. 3, Abs. 2 – „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“ – die Verankerung der Gleichberechtigung im Grundgesetz. Erfahren Sie mehr über die Frauen und ihr Engagement in unserer Ausstellung.
Am 17. März 1881 wird Helene Weber in Elberfeld bei Wuppertal als zweites von sechs Kindern des Volksschullehrers Wilhelm Weber und seiner Frau Agnes Christiane Weber geboren. Schon Wilhelm Weber ist kommunalpolitisch aktiv: Als Ortsvorsitzender in der Zentrumspartei. 1900 schloss Helene Weber ihre Ausbildung zur Volksschullehrerin am Lehrerinnenseminar in Aachen ab – der damals höchstmögliche Bildungsabschluss für Frauen.
Doch die Zeiten ändern sich und Helene Weber nutzte die Chancen, die sich ihr boten: Sie studiert Geschichte, Philosophie, Romanistik und Sozialpolitik in Bonn und Grenoble und arbeitete anschließend als Studienrätin in Bochum und Köln. In dieser Zeit begannen ihre politischen Aktivitäten im „Frauenstimmrechts-Verband für Westdeutschland“. 1916 gründete sie gemeinsam mit Hedwig Dransfeld in Köln die „Soziale Frauenschule des Katholischen Deutschen Frauenbundes“, die sie bis 1919 leitete. Bei den Wahlen zur verfassunggebenden Nationalversammlung erringt Weber als Kandidatin der Deutschen Zentrumspartei im Wahlkreis Düsseldorf ein Mandat. Im selben Jahr wird sie zusätzlich als Referentin ins Preußische Ministerium für Volkswohlfahrt berufen.
Nach Auflösung der Nationalversammlung übernimmt sie als Ministerialrätin im Preußischen Ministerium für Volkswohlfahrt die Leitung des Dezernats "Soziale Ausbildung und Jugendfragen" und wird Vorsitzende des Reichsfrauenbeirats, der 1933 aufgelöst wird. 1930 verleiht die Universität Münster Helen Weber die Ehrendoktorwürde der Staatswissenschaften. 1933 Weber wird wegen "politischer Unzuverlässigkeit" fristlos aus dem Staatsdienst entlassen: alle politischen Aktivitäten werden ihr untersagt. Sie verbringt die Zeit des Nationalsozialismus im Fürsorge- und Caritasdienst in Berlin. Direkt nach Kriegsende schließt Helene Weber sich der neu gegründeten Christlich Demokratischen Union (CDU) an, 1946 wird sie Abgeordnete des ersten nordrhein-westfälischen Landtags.
In den Jahren 1948-1949 wird sie Mitglied des Parlamentarischen Rates. Dabei spricht sie sich für die Formulierung der Würde des Menschen, aber gegen eine „schematische“ Gleichberechtigung von Männern und Frauen aus, um den „Eigenwert“ der Frau zu bewahren, tritt jedoch gleichzeitig tritt sie für die Verankerung des Rechtes auf Lohngleichheit ein. Letztlich einigen sich die Mitglieder des Parlamentarischen Rates auf den Vorschlag von Elisabeth Selbert: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“.
1949 wird Weber als Kandidatin der CDU im Wahlkreis Aachen-Stadt in den Ersten Deutschen Bundestag gewählt und ist bis 1958 Vorsitzende der Frauenvereinigung der CDU. Ihre Themen sind Familienpolitik und die Gleichberechtigung der Frau.
Nach dem Tod von Elly Heuss-Knapp, der Gattin des Bundespräsidenten Theodor Heuss, übernimmt Weber 1952 den Vorsitz des Kuratoriums des Deutschen Müttergenesungswerks. Diesen hält sie bis 1959 inne.
1956 wird ihr das Großen Bundesverdienstkreuz mit Stern verliehen. Anlässlich ihres 80. Geburtstags im Jahre 1961 verleiht Bundespräsident Heinrich Lübke Weber das Schulterband zum Großen Bundesverdienstkreuz. Am 25. Juli 1962 stirbt Helene Weber nach längerer Krankheit im Alter von 81 Jahren in Bonn.
Quelle:
Haunhorst, Regina/Trösch, Sven: Biografie Helene Weber, in: LeMO-Biografien, Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland: Text: CC BY NC SA 4.0