Vielfalt weltweit: TOP 3

Über den Tellerrand

Wie geschlechtergerecht ist eigentlich Ruanda? Ist Schweden wirklich so progressiv wie angenommen? Gerade die Bedeutung von Geschlechterrollen in vielen Ländern gibt ihrerseits Anlass zu Klischees. Doch natürlich ist die Realität komplexer. Die drei überraschendsten Fakten rund um Vielfalt in der Politik weltweit.

Top 1: Ruanda: Ein Paradies für Frauen?

Ruanda wird in den Medien oft angepriesen, wenn es um Gleichberechtigung geht. Trotz der konservativen Geschlechterrollen ist, aufgrund einer Frauenquote, wie sie in vielen afrikanischen Ländern eingeführt wurde, der Frauenanteil im Parlament auf knapp 61 Prozent angestiegen. Somit ist das Land bei der Gleichstellung der Geschlechter weltweit im internationalen Vergleich 2021 an sechster Stelle. Der Grund sind Gesetzesreformen nach dem Genozid von 1994, die das Leben der Frauen in Ruanda verändert haben. So wurde die Gleichstellung von Mann und Frau 2003 im Gesetz festgehalten. Daraus folgten eine starke weiblichen Vertretung im Parlament, aber auch Veränderungen hinsichtlich Erb- und Eigentumsrechten für Frauen, die bis dahin sehr repressiv waren. Ruanda ist vorbildlich, wenn es um die Förderung von Frauen geht, ganz sicher auf dem afrikanischen Kontinent und in der Politik sogar weltweit. Aber die Statistik zeigt nicht das vollständige Bild. Frauen tragen noch immer die Hauptlast der Sorgearbeit – Hausarbeit und Kindererziehung gelten sogar als reine Frauenarbeiten – und sind vielfach Gewalt und Unterdrückung ausgesetzt.

Top 2: Schweden: Vorbild mit Luft nach oben

Frauenquoten für Führungskräfte, Teilzeit für Frauen, Männer und Chef:innen, Vätermonate, Kitaplätze: Schweden gilt als wegweisend für Europa, wenn es um Diversität in den Parlamenten geht. 2020 waren 47 Prozent der Abgeordneten im Schwedischen Reichstag Frauen, entsprechend der Verteilung in der Bevölkerung waren sechs von zehn Abgeordneten jünger als 50 Jahre alt. Trotz aller Progressivität: überraschenderweise sieht es hinsichtlich von Politiker:innen mit Migrationsgeschichte auch in dem Vorzeigeland noch mäßig aus. Auch wenn die Repräsentationslücke nicht so groß ist, wie in Deutschland. Nur 11,5 Prozent der Abgeordneten hatten 2021 eine Migrationsgeschichte, während es in der Bevölkerung 19,7 Prozent waren.

Top 3: Spanien: Machismo vs. Fortschritt

Das einst so konservative Spanien gilt inzwischen als Vorreiter für gesellschaftliche Reformen: In Spaniens Regierung sitzen so viele Frauen wie nirgends sonst in Europa, sogenannter "Menstruationsurlaub", oder ein Gesetz, das schnelle Geschlechtsangleichungen für Transgender-Personen möglich macht, untermauern diesen Ruf. Zugleich macht das Land immer wieder Schlagzeilen aufgrund von Gewalt gegen Frauen und einer erschreckend hohen Anzahl von Femiziden, wie sie sich jüngst im Rahmen der Corona-Pandemie ereigneten und für deren Verhinderung harte Gesetzverschärfungen erlassen wurden. Spanien: Ein Land, das mit seiner patriarchalen Prägung kämpft.