"Gerade als Frau in diesem Job muss man standhaft bleiben. Besonders dann, wenn Gegenwind kommt."

Birte Kruse-Gobrecht ist seit 2016 Bürgermeisterin von Bargteheide in Schleswig-Holstein (rund 16.000 Einwohner*innen). 2022 möchte sie wieder zur Wahl antreten. Die Juristin war zuvor beratend in den Bereichen Organisations- und Personalentwicklung tätig.

1. Welche zwei Projekte in Ihrer Kommune sind Ihnen aktuell besonders wichtig?

Wir sind zurzeit in der Startphase für ein Stadtentwicklungsprojekt, das uns für Jahrzehnte begleiten wird. Mit dem Projekt können wir hier vor Ort ganz konkret an der so wichtigen Verkehrswende mitwirken. Das ist mir sehr wichtig, um zum einen den Einklang zwischen Mensch und Umwelt für nachfolgende Generationen zu stärken. Zum anderen können neue Impulse für das Zusammenleben, generationenübergreifend, mit demokratischer Beteiligung der Einwohner*innen viel zu einer guten Lebensqualität beitragen. In Bargteheide lebt man gerne und das soll auch so bleiben.

2. Worüber würden Sie gern Ihre nächste Rede halten?

Gerne würde ich eine Rede zu der Frage halten, wohin sich Kleinstädte zukünftig entwickeln müssen, um ihre Aufgaben, die sie für ihre Einwohner*innen erfüllen, bestmöglich erbringen zu können und die Megathemen Klimawandel, Demografie und Digitalisierung so zu bewältigen, dass das Leben lebenswert bleibt und für die Zukunft gesichert ist.

3. Was war der beste Rat, den Sie auf ihrem Weg in die Politik je bekommen haben?

Gerade als Frau in diesem Job muss man standhaft bleiben und auch dann, vielleicht besonders dann, wenn Gegenwind kommt, seinen Überzeugungen und Prinzipien treu bleiben.

4. Gab es auf diesem Weg Hürden?

Natürlich. Eigentlich jeden Tag, mal große, mal kleine. Aber das gehört dazu, wenn man nicht nur sich selbst, sondern vor allem andere dazu bringen will, die Komfortzone zu verlassen. Bestehende Machtstrukturen stehen dabei oft in Widerspruch zu einem selbst. Manchmal ist diese Auseinandersetzung konstruktiv, aber leider auch hin und wieder unter der Gürtellinie.

Als parteiunabhängige Kandidatin zunächst alles selbst zu managen, war auch eine Herausforderung für mich: Unterschriftensammlung für meine Kandidatur, Wahlvorbereitung und die Ideenentwicklung für Zukunftsprojekte.

5. Die Coronakrise stellt Kommunalpolitik und Verwaltung vor große Herausforderungen. Was bedeutet das konkret für Sie und Ihre Kommune?

Bei uns fanden täglich Krisenstabssitzungen statt. Der Krisenmodus ist natürlich sehr intensiv und belastend. Auch die Kommunikation mit den Einwohner*innen war erschwert. Das Rathaus war für Laufkundschaft geschlossen, nur dringende Anliegen konnten bearbeitet werden. Gremiensitzungen wurden abgesagt. Viele Entscheidungen, für die man sich sonst viel Zeit nimmt, mussten schnell getroffen werden. Alles in allem haben wir das aber wirklich sehr gut hinbekommen. Dank der vielen Kräfte, die daran mitgewirkt haben. 

6. Was würden Sie jungen Frauen raten, die in die Kommunalpolitik gehen wollen?

Auf jeden Fall einfach machen! In den Kommunen kann man viel bewegen. Und die Ergebnisse sind selten abstrakt, sondern oft direkt zu erleben. Das macht einen besonderen Reiz aus. Dass man dabei oft in Strukturen kommt, die männlich geprägt und von Personen besetzt sind, die meist schon viele Jahre in der Kommunalpolitik sind, muss man wissen. Denn das kann das ein oder andere Mal auch zu Konflikten führen, wenn man neue Ideen einbringen will. 

Aber da gilt auch wieder der Rat: Dran bleiben, nicht unterkriegen lassen. Manchmal auch nach dem Motto „Jetzt erst recht“. Gleichgesinnte sind dabei eine große Unterstützung.